Ein Ausguck in die Unendlichkeit

Sternwarte an der Geschwister-Scholl-Realschule eingeweiht

damo Betzdorf/Kirchen. Die Frage ist uralt, und wenn Dr. Michael Geffert sie tatsächlich abschließend beantworten könnte, würde dieser Artikel nicht im Lokalteil stehen, sondern auf Seite 1. Der Astronomie-Experte von der Sternwarte Bonn kann nur Vermutungen anstellen, ob es Leben im All gibt: "Ich gehe davon aus, dass es einige Zivilisationen gibt, die ein hohes Niveau erreichen aber wir werden es nicht erfahren, denn die Entfernungen sind zu groß." Dr. Geffert, der selbst vier Asteroiden entdeckt hat, hielt gestern seinen Vortrag zum Thema "Leben im All" mit gutem Grund in Betzdorf: Die Sternwarte der Geschwister-Scholl- Realschule wurde gestern offiziell aus ihrem Dornröschenschlaf erweckt.

"Schule soll ein Kulturort sein und sich öffnen", erklärte Schulleiterin Doris John, warum die Sternwarte feierlich eingeweiht wurde. Denn genutzt wird sie schon seit geraumer Zeit: Die Astro-AG des Wissener Kopernikus-Gymnasiums hat den Ausguck ins Universum schon vor einigen Jahren wieder mit Leben erfüllt. Zuvor hatte die Sternwarte fast 70 Jahre ungenutzt geschlummert. Dann aber kamen die Wissener Astronomie-Schüler, mit ihnen ein solides Beton-Stativ und ein Teleskop mit einer stolzen Brennweite von 2 Metern. "Damit kann man zwei Tennisbälle in 12 Kilometern Entfernung noch als zwei getrennte Objekte wahrnehmen", erklärte Physiklehrer Peter Stinner, der gemeinsam mit Anke Wendt die Astro-AG in Wissen leitet.

Freilich will niemand zwei Tennisbälle in zwölf Kilometern Entfernung beobachten, sondern vielmehr Forschungen im Weltall anstellen. Dabei nehmen sich die Wissener Schüler und mittlerweile auch einige ehemalige sehr ambitionierte Ziele vor: Ein Forschungsprojekt hat sich beispielsweise damit beschäftigt, das Alter und die Entfernung eines speziellen Sternenhaufens in der Milchstraße zu ermitteln. Ergebnis laut Stinner: Die Sterne liegen 4000 Lichtjahre entfernt; würde man diese Strecke in Kilometern angeben, wäre die Zahl 16-stellig. Und das Alter? "Wir haben eine Lebensdauer von einer Milliarde Jahren gemessen", erklärte Stinner.

Mittlerweile nutzen aber nicht mehr nur die Wissener Gymnasiasten die Sternwarte, sondern auch die Betzdorfer Realschüler. "Neugierde, Skepsis und Leidenschaft" müsse man bei den Kindern wecken, wenn man sie für Naturwissenschaften und damit die Astronomie begeistern wolle, erklärte Doris John und offenbar ist das ihrem Kollegium gelungen. Denn jetzt besuchen sogar schon die Fünftklässler die Sternwarte. "Das soll sogar noch ausgeweitet werden", informierte die Schulleiterin.

Dabei geht es natürlich nicht um so komplexe Forschungen wie bei den Wissenern – schließlich gehören zum Kreis der Wissener Astro-AG auch ehemalige Schüler, die sich mittlerweile im Studium mit der Astronomie beschäftigen. Aber auch einfachere Beobachtungen mit dem Teleskop können bleibenden Eindruck hinterlassen: "Den Mond zum Greifen nah zu haben, ist einfach eine unglaubliche Erfahrung", meinte Doris John.

Diese Eindrücke bestätigten auch einige Schüler der Jahrgangsstufe 11 des Kopernikus-Gymnasiums. "Es ist faszinierend, mit der komplizierten Technik umzugehen und dann Eindrücke von Sternen zu gewinnen, die einige Millionen Kilometer entfernt sind", berichtete Jens Zimmermann im SZ-Gespräch.

Seine Mitschülerin Diana Drews pflichtete ihm bei und präsentierte anschließend eine Aufnahme vom Saturn. Deutlich sind auf der Aufnahme die Ringe des Planeten zu erkennen wie viel Arbeit aber in der Fotografie steckt, lässt sich kaum erahnen. "Zuerst haben wir eine Web-Cam an das Teleskop angeschlossen und eine Filmsequenz gedreht", erklärte die Schülerin. "Dann haben wir den Film in 3000 Bilder umgewandelt und die besten 300 zu einer Fotografie zusammengefügt." Ihr Fazit: "Wenn so etwas Kompliziertes gelingt, dann ist das ein tolles Gefühl."

Kurz nachdem die Schüler diese Eindrücke zu Protokoll gegeben hatten, ging das Licht in der Aula aus und nach einigen Grußworten trat Dr. Geffert zu seinem Festvortrag ans Mikro. Und wenn er sich mit seiner Prognose irrt, dass nie ein Kontakt zustande kommt, wird das in der SZ zu lesen sein. Dann aber auf Seite 1.

Siegener Zeitung, 11.03.05